BYOD ohne MDM

Der Trend geht hin zu vollständig kontrollierten iPads im Unterricht. Welche Konsequenzen dies hat, möchte ich hier im Vergleich zu einem offenen Umgang mit BYOD darstellen. Ich greife dabei auf Positionen zurück, die im Internet bzw. bei Twitter als Begründung für eine einheitliche iPad-Ausstattung eines Jahrgangs oder einer ganzen Schule zu finden sind und mehrheitlich geteilt werden.

Inhalt:

  1. Anschaffung und Finanzierung
  2. Zentrale Administrierbarkeit
  3. Was wird gelernt, wenn die Schule die Nutzung einschränkt?
  4. Was sollen die Schüler lernen?
  5. Rechte der Eigentümer
  6. Einheitlichkeit
  7. Warum eigentlich iPads?
  8. Soziale Gerechtigkeit
  9. Vorteile durch BYOD

1. Anschaffung und Finanzierung

a) Schulische iPads

Mittlerweile wird an vielen Schulen die Vorgabe definiert iPads anzuschaffen. Dies wird z.T. mit vom Schulträger finanzierten iPad-Koffern eingeleitet. Eine Schule besitzt dann vielleicht 100 iPads, die stundenweise über ein Ausleihsystem im Unterricht eingesetzt werden können. Um aber allen SuS ein (eigenes) Gerät in die Hand zu geben, reicht diese Anzahl nicht, wenn man z.B. von einer Schule mit 1.000 SuS ausgeht. Hausaufgaben, das Lernen vor einer Klausur, die eigenen Unterrichtsmitschriften, die Erstellung und Sicherung der eigenen digitalen Unterrichtsergebnisse usw. wären so nicht realisierbar. Die iPads würden dann 1-2 Mal im Schuljahr für eine Doppelstunde als „Sensation“ im Unterricht eingesetzt, eine wirkliche Arbeit damit wäre nur im Rahmen eines für diesen seltenen Moment vorgegebenen Auftrags möglich. Die 900 für einen sinnvollen Einsatz noch fehlenden Geräte werden dann häufig von den Eltern beschafft, wobei in diesem Moment die vorhandenen iPads der Schule eigentlich überflüssig wären, wenn alle Eltern ein Gerät anschaffen. Sie könnten dann aber einer Notfall-Reserve dienen, falls ein Gerät defekt ist und z.B. eine Prüfung damit erfolgen soll. Für soziale Härtefälle lassen sich schulinterne Lösungen über einen Förderverein oder staatliche Stellen finden.

Hier werden letzten Endes die Kosten von den Eltern getragen.

b) Bring Your Own Device (BYOD)

Bei diesem Konzept wird ebenfalls eine Finanzierung der Geräte durch die Eltern vorausgesetzt. Auch hier greifen die obigen Lösungen zur Vermeidung sozialer Benachteiligung. Bereits vorhandene schulische iPads können ebenfalls als Notfall-Reserve genutzt werden. Hinsichtlich der Finanzierung lassen sich hier keine Unterschiede finden. Solange die 1:1 Ausstattung nicht komplett aus staatlichen Kassen finanziert wird, leidet der Unterricht durch mangelnde Verfügbarkeit oder es werden privat finanzierte Geräte angeschafft, egal ob es dann iPads unter zentraler Verwaltung sind oder nach persönlichen Vorlieben angeschaffte private Geräte.

Bei BYOD können Eltern aber auf günstigere Android Geräte ausweichen, auch wenn sich vielleicht iPads langfristig gesehen günstiger darstellen.

Im Zusammenhang mit den Kosten wird oft der Aspekt einer sozialen Gerechtigkeit (s.u.) herangezogen, sozial schwächere SuS sollen nicht mit schlechteren Geräten benachteiligt werden.

Die Leistungsfähigkeit günstiger Android Geräte reicht für Texte, Fotos und Videos absolut aus, Internetnutzung ist kein Problem. Wenn ein iPad bei der Fotobearbeitung einen Filter satt in 0,5 Sekunden schon in 0,01 Sekunden berechnet, dann ist dies für unterrichtliche Zwecke irrelevant und für SuS auch.

Fazit:

Wenn alle Schüler mit einem Tablet arbeiten sollen (1:1 Ausstattung), dann ergeben sich hinsichtlicher der Finanzierung durch Eltern keine Unterschiede. BYOD kann aber auf günstigeren Geräten basieren.

Einschränkung:

Falls tatsächlich 1.000 staatlich finanzierte Geräte pro Schule in der 1:1 Nutzung verfügbar sind, entfällt dieser Punkt.

nach oben

2. Zentrale Administrierbarkeit

Kontrolle ist der wesentliche Begriff bei diesem Aspekt. iPads lassen sich durch ein Mobile Device Mangement (MDM) bis in kleinste Aspekte hinein kontrolliert in die Hand der SuS übergeben. Dies ermöglicht dann auch Eingrenzungen auf z.B. die Taschenrechner-App während einer Klausur oder das Sperren von Spielen, die ansonsten den Unterricht stören könnten. Oft wird behauptet, dass nur iPads sich sinnvoll per MDM verwalten ließen und deshalb auch nur iPads anzuschaffen seien. Das stimmt so natürlich nicht. Es gibt MDMs, die auch beliebige Betriebssysteme verwalten können, so wird das auch in Firmen gemacht. Vielleicht lassen sich damit aber auch die Kontroll-Wünsche der Lehrer und Lehrerinnen nicht so weitreichend realisieren, wie es sich manche Schulen erhoffen.

Mögliche Vorteile einer weitreichenden Kontrolle der Geräte in SuS-Hand ließen sich schnell von LuL auflisten, wobei Störungen und Ablenkungen unterbinden sicher an vorderster Stelle genannt würden. Klar, eine „wilde 7. Klasse“ jetzt auch noch mit „Spielgeräten“ auszurüsten steht nicht so weit vorne auf der eigenen Wunschliste. Da ist ein roter Knopf in LuL-Hand doch evtl. das geforderte Kontroll-Mittel.

Wer administriert das denn eigentlich?

Geht man von 1.000 iPads an einer Schule aus, die täglich im Unterricht eingesetzt werden, dann kann eine Administration „so nebenbei“ nicht ernsthaft eingeplant werden. Auch wenn sich bisher vielleicht die 30 oder 60 iPads der Schule „ganz einfach“ administrieren ließen – natürlich in der Freizeit einer Lehrkraft – dann sind 1.000 solcher Geräte eine ganz andere Herausforderung. Dafür benötigt man Personal, das mindestens von 8-16 Uhr an 5 Tagen in der Woche erreichbar ist und qualifizierten Support leistet. Das werden dann vermutlich auch eher mindestens 2 Personen sein müssen.

Wer zahlt die Personalkosten?

Angenommen man geht von einem Monatsgehalt von nur 2.000 € brutto für nur einen iPad-Admin einer Schule aus, dann wird man Probleme haben entsprechende Stellen qualifiziert zu besetzen. Rechnet man diese Summe auf den Etat einer Schule an, dann wird klar, dass das so nicht funktionieren kann. Das Land oder die Kommune muss dafür einen zusätzlichen und dauerhaften Etat in den Haushalt einplanen, ansonsten kann man die schulische Betreuung von 1.000 iPads nicht realisieren. Ob sich überhaupt Personal auf dem Arbeitsmarkt finden lässt, wird sich dann auch noch klären müssen. Der „Traumjob“ eines Admins ist es nicht gerade, wenn seine Vorschläge für Geräte und Software finanziell auf 1% heruntergedrückt werden und dafür dann aber professionelle Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit von Geräten und Systemen verlangt werden.

Wie zuverlässig ist eine Kontrolle durch ein MDM?

Theoretisch funktioniert es sehr gut, in der Praxis wird es immer auch Probleme geben. Wer sich die Beiträge in entsprechenden Hilfs-Foren ansieht, stellt fest, dass es auch Probleme gibt, die sich keinesfalls kurzfristig lösen lassen. Für den Unterricht bedeutet dies, dass es SuS geben wird, die sich mit nicht nutzbaren oder nur teilweise nutzbaren Geräten nicht beteiligen können, ein Zugriff auf die Notfall-Geräte der Schule wird dann nötig sein, die ebenfalls verwaltet werden müssen.

Ist eine solche Kontrolle auf privaten Geräten rechtlich zulässig?

Ipads im Besitz der Schule können stark eingeschränkt konfiguriert werden, was zunächst als vorteilhaft erscheint. Hierbei ist der Datenschutz des ausleihenden Schülers aber zu beachten: Nach der Rückgabe des iPads muss das Gerät sofort zurückgesetzt werden, damit alle in der Nutzungszeit erstellten Daten (Dateien, Browserverlauf, Mails, Passwörter …) gelöscht und nicht vom nachfolgenden Ausleiher gefunden werden können. Wer macht das? Es muss ja z.B. direkt in der Pause nach der Nutzung erfolgen, bevor die Geräte wieder in der folgenden Stunde an eine andere Nutzergruppe ausgeliehen werden. Die Durchführung und Kontrolle kann man nicht in die Verantwortung des jeweiligen Schülers legen: dieses Konzept hat sich die Schule überlegt, sie bestimmt die Nutzung, ihr gehören die Geräte, sie hat die Verantwortung.

Bringen die Schüler ihre privaten Ipads mit, dann werden sie ebenfalls der Kontrolle durch die Schule unterworfen. Die Schüler verlieren ihre Nutzungsfreiheit, obwohl das Gerät ihnen selbst gehört. Dieses merkwürdige Konstrukt von privatem Gerät und absoluter schulischer Kontrolle führt zu zumindest problematischen Fragen. Wer haftet, wenn durch eine fehlerhafte Kontrollsoftware (MDM) das eigene Gerät nicht mehr nutzbar ist? Was sagt der Datenschutz zur permanenten Standort-Übertragung auch in der Freizeit? Wie lässt sich eine parallele Nutzung mit privaten Dateien im Sinne des Datenschutzes lösen, wenn LuL das Gerät einsehen dürfen?

Der potentielle Nutzen des privat finanzierten Geräts wird durch die schulische Kontrolle eingeschränkt. Welche Vorteile ergeben sich für den Schüler?

nach oben

3. Was wird gelernt, wenn die Schule die Nutzung einschränkt?

Eine tiefgreifende und dauerhafte Kontrolle der eingeschränkten Nutzung durch eine staatliche Instanz wird als Selbstverständlichkeit abverlangt und langfristig als normale Situation „gelernt“. Widerspricht das nicht unserer demokratischen Grundauffassung?

nach oben

4. Was sollen die Schüler lernen?

Das Schulgesetz NRW nennt dazu in §2 Absatz 6 folgende wichtige Punkte:

$2 Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule

(6) Die Schülerinnen und Schüler sollen insbesondere lernen
1. selbstständig und eigenverantwortlich zu handeln,
 [...]
9. mit Medien verantwortungsbewusst und sicher umzugehen.

https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_bes_detail?sg=0&menu=0&bes_id=7345&anw_nr=2&aufgehoben=N&det_id=463076

Das selbstständige und eigenverantwortliche Lernen stellt dabei einen zentralen Aspekt dar, der nicht zufällig mit oberster Priorität aufgeführt wird.

Welche Art von zukünftigen Staatsbürgern wird durch tiefgreifende Einschränkungen und permanente Kontrolle von digitaler Nutzung eines Geräts und des Internets durch eine staatliche Instanz herangezogen? Ist das mit unseren Vorstellungen einer freien Meinungs- und Willensbildung, den Grundwerten der Demokratie und dem Schulgesetz NRW vereinbar? Solche Kontrollen werden sonst in autoritären Regimen ausgeführt, die wir doch in der Regel dafür äußerst kritisieren?

Auch der Medienkompetenzrahmen NRW setzt da andere Ziele, von einer dauerhaften und weitreichenden Kontrolle und eingeschränkten Nutzungsmöglichkeiten ist da nicht die Rede.

Betrachtet man die Medienkompetenzen z.B. der ersten Kategorie „Bedienen und Anwenden“, so wird deutlich, dass es mit einem stark kontrollierten und eingegrenztem Konzept eines MDM nicht gelingen kann, diese Kompetenzen zu vermitteln.

1.1 Medienausstattung (Hardware)
Medienausstattung (Hardware) kennen, auswählen und reflektiert anwenden; mit dieser verantwortungsvoll umgehen

Wenn die Auswahl bereits seitens der Schule getroffen wurde, gibt es da für SuS nichts auszuwählen, eine Reflexion konnte nicht stattfinden.

1.2 Digitale Werkzeuge
Verschiedene digitale Werkzeuge und deren Funktionsumfang kennen, auswählen sowie diese kreativ, reflektiert und zielgerichtet einsetzen

Die Apps sind vorinstalliert, deren Auswahl hat jemand anderes bestimmt. In der Regel ist der Zugriff auf den App Store gesperrt, eine eigene Recherche nach geeigneten Tools entfällt ebenso, wie deren Installation und ein eigener Test der App.

1.3 Datenorganisation
Informationen und Daten sicher speichern, wiederfinden und von verschiedenen Orten abrufen; Informationen und Daten zusammenfassen, organisieren und strukturiert aufbewahren

Aufgrund des Datenschutzes werden von der Schule Cloud-Speicherlösungen oft gesperrt (iCloud, Dropbox, Google Drive, Box, Onedrive …). Ein Speicherplatz außerhalb des Geräts wird dann z.B. per WebDAV-Server, der von der Schule eingerichtet und verwaltet wird, vorgegeben, eine (reflektierte) Wahl besteht nicht.

Der WebDAV-Server muss übrigens zusätzlich administriert werden, jeder SuS muss einen sicheren Speicherplatz erhalten, dessen Inhalte zusätzlich aber auch auf Urheberrechtsverletzungen (Dateifreigaben, Filesharing …) und Jugendschutz durch LuL/Admins permanent kontrolliert werden müssen. Falls dort private Dateien des Schülers lagern, werden diese ebenfalls durchsucht (private Fotos, Passwörter, Arbeitsergebnisse …) (Datenschutz?). (Wer macht das alles und kümmert sich um Verstöße?)

1.4 Datenschutz und Informationssicherheit
Verantwortungsvoll mit persönlichen und fremden Daten umgehen; Datenschutz, Privatsphäre und Informationssicherheit beachten

Gerade dieser Punkt wird schon vor der ersten Nutzung dem SuS aus der Hand genommen. Sein eigener Datenschutz ist aufgehoben, seine Privatsphäre ebenfalls, seine Eltern und die Schule haben bereits vertraglich jegliche Rechte des SuS aufgehoben. SuS lernen: sie haben keine Rechte!

nach oben

5. Rechte der Eigentümer

Hier ergibt sich ein merkwürdiges Konstrukt aus privatem Eigentum am Gerät und einer geforderten Einbindung und Unterwerfung des Geräts unter die Kontrolle des MDM der Schule. Wenn es zuverlässig möglich ist in der Freizeit das eigene Gerät frei zu nutzen (Apps installieren, alle Internetseiten aufrufen können …), lässt sich dieser Schritt noch begründen. Falls aber das MDM ein Problem verursacht und die Nutzung nicht möglich ist, könnten SuS und deren Eltern sicher auch Gerichte bemühen. Man stelle sich nur mal vor, dass alle Dateien eines SuS durch das MDM unwiederbringlich gelöscht wurden?

Falls SuS/Eltern kein privates Gerät anschaffen oder das eigene Gerät nicht durch die Schule kontrolliert lassen wollen, muss der Unterricht für diese SuS eine alternative Mitarbeit ermöglichen, dieselben Lernziele erreichen lassen und keinerlei Benachteiligung zulassen. Da ist dann ein Notfall-iPad aus dem Schulbestand auch keine (dauerhafte) Lösung.

nach oben

6. Einheitlichkeit

Vielen Lehrkräften ist es sehr wichtig, dass alle SuS identische Geräte nutzen. Zum Zeitpunkt der gemeinsamen Anschaffung mag das realisierbar sein.

Was passiert aber, wenn SuS/Eltern dann vielleicht ein Jahr später (Defekt, Verlust, Zuzug) ein aktuelles iPad kaufen, das sich in Leistung und Optionen deutlich von den allgemein vorhandenen älteren Modellen unterscheidet?

Was passiert, wenn Eltern ein besseres iPad anschaffen wollen – vielleicht auch ein größeres Gerät?

Was passiert, wenn die SuS/Eltern ein gutes Android Tablet kaufen? Oder noch besser „bereits gerade erst gekauft haben“. Müssen sie dann ein zweites Gerät zusätzlich kaufen? Das ist doch absurd.

Die gewünschte Einheitlichkeit der Ausstattung und die Verwaltung über ein MDM ausschließlich für iPads fallen damit aus, das Grundkonzept kapituliert.

Sobald man den SuS/Eltern eine Freiheit bei der Anschaffung zugesteht/zugestehen muss, lässt sich solch ein schulweites Konzept nur mit Druck aufrechterhalten, der aber ja nicht erfolgen darf und dessen Haltbarkeit schon direkt zu Beginn Risse besitzt.

nach oben

7. Warum eigentlich iPads?

In der Realität des Alltags ist eine Durchmischung von unterschiedlichsten Geräten und Betriebssystemen normal und wird es auch bleiben.

Weshalb sollten wir unsere SuS ausschließlich auf die Nutzung von iPads ausrichten, wenn die Realität doch eine ganz andere ist? Was „gewinnen“ sie dadurch, was diesen Verlust an Realität rechtfertigt?

Natürlich wird in der Schule/im Unterricht immer mit einer Reduktion von Inhalten und Problemperspektiven gearbeitet um gerade so den Kern deutlich werden zu lassen. Reduzieren wir jetzt das Marktangebot damit Apple besser „gelernt“ werden kann? Wir unterrichten doch nicht „iPad„, sondern Themen und Inhalte und Kompetenzen.

So gedacht wird jedes Thema des Unterrichts sich auch auf jedem Gerät unterrichten lassen. Natürlich kann es sein, dass ein bestimmtes Gerät spezielle Eigenschaften besitzt, die bei diesem Thema nützlich oder sogar essentiell sind. Vielleicht wird eine spezielle Funktion eines Geräts auch eine besondere Nutzung anregen. Das gilt aber doch für jedes Gerät und jedes System.

In den bekannten Argumentationen wird dann der Vorteil im schulischen Umfeld von Apple betont, der u.a. in der Vielzahl der sehr guten Apps begründet ist. Dies kann ich persönlich bestätigen und nachvollziehen. Viele dieser oder vergleichbarer Apps existieren aber auch für Android, es entstehen auch sehr viele WebApps, die System unabhängig direkt im Browser nutzbar sind.

Die LuL wären überfordert, wenn sie für eine Vielzahl unterschiedlicher Systeme und Geräte im Unterricht Support leisten sollen. Aber: Ist das denn irgendwo als Aufgabe einer Lehrkraft definiert worden? Natürlich versucht man als Lehrkraft im Unterricht zu helfen, wenn es nötig und möglich ist. Zunächst sind aber doch die SuS selbst gefordert eine Lösung zu finden, vielleicht mit Unterstützung ihrer Mit-SuS oder Google. Natürlich versucht man als Lehrkraft die Medienkompetenz zu entwickeln und nicht zu überfordern. Insofern muss das Handling mit dem Gerät und den Lösungsstrategien für etwaige Probleme irgendwo erlernt werden, aber vom SuS. Ein Pool an Notfall-iPads könnte in schwierigen Fällen hilfreich sein.

In Fortbildungen für LuL muss diese Vielfalt an Geräten und Systemen vorausgesetzt werden, damit auch dort bereits auf eine solche Unterrichtssituation vorbereitet wird. Eine digital grundsätzlich resistente Lehrkraft wäre in jedem digitalen Szenario überfordert.

Es spricht also nichts gegen iPads im Unterricht, im Gegenteil, sie sind meiner Erfahrung nach sehr gut geeignet. Sie dürften aber keinen betonten Wert seitens der Schule besitzen („iPad-Schule“). Android Geräte sind in der Anschaffung z.T. deutlich günstiger, als Schüler würde ich mir wahrscheinlich eher ein gutes Android Gerät zulegen. Wir Lehrkräfte sollten SuS befähigen ein durch sie selbst im Unterricht genutztes Gerät kompetent auszuwählen – und nicht unreflektiert einer Schulvorgabe folgen lassen.

Lautsprecher, Mikro, Kamera, Monitor … – damit sind doch eigentlich alle Tablets ausgestattet. Selbst die 250€-Klasse an Android Geräten lässt sich problemlos für eine Internetrecherche, Textarbeit, Foto-/Videoaufnahmen nutzen. Aus SuS-Sicht geht damit doch alles. Aber die Kontrollabsicht der Schule lässt sich darauf nicht so gut anwenden, deshalb müssen die Eltern noch einmal 250€ oben drauf legen.

nach oben

8. Soziale Gerechtigkeit

Unterschiedliche Tablets führen zu sozialer Ungerechtigkeit und reduzieren Bildungschancen? Im Ernst?

Nur 4 statt 8 GB RAM – und schon kann man sein Abi knicken? Weil das iPad Pro UltraMaxPlus4 mit 512 GB RAM ja 128 fach schneller rechnet, hat man die Klausur schon fertig geschrieben bevor sie angefangen hat? Und ich dachte immer, man müsse als SuS selbst denken.

Wenn die soziale Ungerechtigkeit so einfach aufzuheben wäre, wenn alle SuS ein identisches iPad besitzen würden, dann hätte man das schon längst machen sollen. Was ist mit teuren Nachhilfestunden, besseren Kugelschreibern usw.? Auch da müsste man ansetzen.

Die Bildungschancen wären dann gefährdet, wenn Aufgaben so gestellt werden, dass sie ausschließlich mit iPads gelöst werden können. („Benutze die App XY, die es nur für iOS gibt, und erstelle damit …“)

Die Lernmittelfreiheit soll die Ungleichheit aufheben:

Grundsätzlich (§ 96 SchulG) werden jeder Schülerin und jedem Schüler vom Schulträger entsprechend eines festgelegten Durchschnittsbetrages - abzüglich eines Eigenanteils - Lernmittel zu befristetem Gebrauch unentgeltlich überlassen (Prinzip der Ausleihe). In Ausnahmefällen können Lernmittel, falls wegen der Art der Lernmittel erforderlich, zum dauernden Gebrauch zur Verfügung gestellt werden.

Die Beträge, die den durchschnittlichen Aufwendungen für die Beschaffung der in einem Schuljahr insgesamt erforderlichen Lernmittel entsprechen, sind durch die Verordnung über die Durchschnittsbeträge und den Eigenanteil nach § 96 Abs. 5 SchulG festgelegt.
Der Eigenanteil darf in der Regel ein Drittel des Durchschnittsbetrages nicht übersteigen.

Nicht unter den Lernmittelbegriff fallen die Gegenstände, die im Unterricht als Gebrauchs- oder Übungsmaterial verwendet werden. Sie müssen gegebenenfalls als Teil der allgemeinen persönlichen Ausstattung von den Eltern bereitgestellt werden. Hierzu zählen Schreib- und Zeichenpapier, Stifte und Rechengeräte aller Art, einschließlich technische Hilfsmittel und sonstige Arbeitsmittel.

https://www.schulministerium.nrw/themen/recht/schulrecht/lernmittelfreiheit

Rechengeräte, technische Hilfsmittel und sonstige Arbeitsmittel müssen von den Eltern angeschafft werden. So lange dies sich auch auf Tablets bezieht, müssen die Eltern selbst auswählen können, welche Geräte sie kaufen und sie sich leisten können. Wenn dort z.B. die Vorgabe „iPad“ gesetzt wird, dann wäre dies eine soziale Ungerechtigkeit und würde Bildungschancen verhindern. Der Staat müsste hier zumindest unterstützend eingreifen, was auch bei der Anschaffung eines Android Tablets der Fall sein müsste.

Erst eine vom Staat finanzierte 1:1 Ausstattung mit digitalen Geräten würde soziale Aspekte relativ ausschließen. Dann dürfte der Staat auch bestimmen, welches Gerät von welchem Hersteller er anschafft.

nach oben

9. Vorteile durch BYOD

Nicht nur aus pragmatischen Gründen bietet sich BYOD für den Unterricht an.

Das eigene Gerät wird mehr geachtet, es wird selbst administriert (Apps, System, Updates) und es werden eigene Dateien gespeichert. Die Privatheit ist durch ein Kennwort o.ä. geschützt, so wie es auch immer empfohlen wird. Man lernt mit seinem Gerät einen selbst zu verantwortenden medienkompetenten Umgang. Wie verhindere ich Spam? Welchen Cloud-Speicherplatz sollte ich eher verwenden? Alle Fragen, die sich im Zusammenhang mit der Nutzung ergeben, werden selbst geklärt. Natürlich werden Freunde, Mitschüler, Eltern, LuL und Google zur Unterstützung herangezogen – wie im echten Leben auch. Und wenn es mal gar nicht geht, dann sollte die Schule noch Notfall-Geräte ausleihen können.

Spätestens in der Stufe 5 sollte dieser eigenverantwortliche Umgang mit dem digitalen Gerät beginnen, so wie es auch der Medienkompetenzrahmen NRW vorsieht. Dafür muss die Schule entsprechende Vorbereitungen und Absprachen treffen. LuL müssen sich ggfs. fortbilden. Zusammen mit den Eltern muss eine Aufgabenverteilung geklärt werden. Im System der Geräte müssen bestimmte Einstellungen bei nicht volljährigen SuS seitens der Eltern vorgenommen werden, so kann man z.B. im iOS einen Jugendschutzfilter aktivieren, dessen Kennwort nur die Eltern wissen sollten.

Das eigene Gerät verlagert die Verantwortung auf die SuS und deren Eltern beim Jugendschutz, Backup, Datenschutz. Bislang nutzen SuS ihr Gerät oft völlig ungeschützt. Auch der pflegliche Umgang mit dem Gerät ergibt sich so nebenbei.

Es werden wichtige Medienkompetenzen gelernt!

nach oben

Kommentare sind geschlossen.

Erstelle kostenlos eine Website oder ein Blog auf WordPress.com.

Nach oben ↑